
Die Komödie der Irrtümer

Wiederaufnahme: 7. Juli 2022, 19:30
von William Shakespeare
„Ich bin in dieser Welt wie’n Tropfen Wasser, der nach ’nem ander’n Tropfen sucht im Meer.“ William Shakespeare
Was bewegt uns in diesen Zeiten, welche Themen sind relevant, wie reagiert das Theater – und welche dramatischen Texte erfüllen möglichst alle aktuellen Anforderungen? Flüchtlingsdramen, Klimawandel, Pandemie wirken derzeit omnipräsent. Überall sind Menschen auf der Flucht vor Krieg, Not, Elend, auf der Suche nach einer anderen Heimat und nicht zuletzt auf der Suche nach sich selbst.
Die Inszenierung von Shakespeares (Tragik-)Komödie der Irrtümer in der neuen Übersetzung von Christian Leonard setzt im Augenblick der absoluten Katastrophe ein und verarbeitet die Schilderung eines dramatischen Schiffbruchs, der eine Familie trennt. Deren über mehrere Länder versprengte, längst verloren geglaubte Mitglieder, begegnen sich unerwartet an einem Ort wieder und aus dem bewegenden Familiendrama entwickelt sich eine rasante Verwechslungskomödie um zwei Zwillingspärchen.
Das Globe Ensemble Berlin lässt das Publikum für zwei Stunden eintauchen in eine dezent inkorrekte orientalische Phantasie und zunehmend untergehen im galoppierenden Irrsinn, bis schließlich niemand mehr weiß, wer hier wer ist. In den Zwischenmusiken erklingen ins Deutsche übersetzte und vertonte Gedichte aus dem arabischen Sprachraum, in dem auch das Stück angesiedelt ist. Gemeinsam ist den meisten dieser Gedichte, dass ihre Autor:innen ebenfalls nach so mancher Irrfahrt ein neues Zuhause in einem fremden Land mit teils ungewohnt merkwürdigen Sitten und Gebräuchen fanden.
Es spielen: | |
Egeon, Zwick, Angelo | Anselm Lipgens |
Antipholus aus Ephesus, Antipholus aus Syracus | Matthias Horn |
Dromio aus Ephesus, Dromio aus Syracus | Andreas Sindermann |
Adriana | Anja Lechle |
Luciana, Emilia | Johanna Paliege |
Metusa, Algobar, Staatsdiener | Johannes Franke |
Regie: |
Christian Leonard /Jens Schmidl |
Übersetzung & Spielfassung: | Christian Leonard |
Dramaturgie: | Nils Steinkrauss |
Musik: | Bernd Medek |
Kostüme: | Katharina Piriwe |
Bühne: | Ira Storch-Hausmann |
Maske: | Josephine Müller |
Licht: | Fabian Bleisch |
Regieassistenz: | Luisa Maria Bruer |
Assistenz musikalische Einstudierung: | Lorenz Liebold |
Kostümbildassistenz: | Sayyora Muinova |
PR-Management: | Ines Schilgen |
Grafikdesign & Marketing: | Elitza Nanova | artkrise |
Fotografie: | Thorsten Wulff |
Pressestimmen
"(…) Doch auch ohne dieses Wissen funktioniert diese Inszenierung der "Komödie der Irrtümer" ausgezeichnet. Dramentext und Lyrik ergänzen einander wunderbar und sind so gekonnt ineinander verstrickt, dass sie aufs Angenehmste ab und zu eine leichte Irritation auslösen: Steht das wirklich so im Shakespeare-Original? Ertönt das "Regenlied" zufällig mitten im sommerlichen Wolkenbruch? Fällt hier ein Darsteller aus seiner Rolle? Das Verwirrspiel findet auf allen Ebenen statt: Handlung, Sprache und Raum. Im Open O findet sich das Publikum nämlich in einem 'umgekehrten Globe' wieder: In der Mitte des Runds stehen Stühle, kreuz und quer durcheinander. Hier sitzt das Publikum. Die Bühne (Ira Storch-Hausmann) verläuft leicht erhöht rings herum, eingefasst von bunten Stoffsegeln – vielleicht Baldachine oder Markisen auf dem Markt von Ephesos, vielleicht Segel der Schiffe im Hafen – herrlich schlicht und atmosphärisch. (…) Das ist Volkstheater im allerbesten Sinne: unterhaltsam, nah dran und überraschend."
Magdalena Sporkmann: Grandios konfus, theaterkritikenberlin.de am 19.7.2021
"Eigentlich brauchte man einen Drehsessel. Man sitzt inmitten vom Rund des Globe, dessen halbhohe Wand aus einem bizarren Gebirge aus verschachtelt montierten (…) begehbaren Holzpodesten und Balken besteht. (…)
Trotzdem meine Sehnsucht nach einem Kreisel-Sitz, der macht ja auch Spaß. Zusätzlich zu dem, den man hat mit der geradezu akrobatisch halsbrecherischen Rundum-Hatz der kleinen Truppe in ihren vielen Rollen. Dazu der improvisierte Witz, den sie mit der Souffleuse haben (…)"Reinhard Wengierek, kulturvolk/blog am 7.6.2021
"(…) Das Ensemble gibt sich in dem amüsanten Spiel über Fremdheit und Identität so wandlungs- und spielfreudig, wie man es schon aus den letzten Jahren kennt. Auch die neuen Mitglieder fügen sich hervorragend ein. Da im Rund der improvisierten Holzbretterbühne gespielt wird, kreiseln die Zuschauer auf ihren Stühlen, die in der Mitte platziert sind, ständig herum, um ja keine Pointe zu verpassen. Ein locker, leichter Sommerspaß ist es geworden, kein Drama, wie die Anfangsszene es noch vermuten ließ. Ein Abend voller rasanter Situationskomik und einem Happy-End, das vielen der heute Flüchtenden wohl nicht beschieden ist. Darauf macht die kleine Ausstellung auf dem Gelände des Globe aufmerksam, die die Situation in dem Flüchtlingslager Moria aufzeigt."
Birgit Schmalmack für hamburgtheater.de am 8.6.2021
Nachweise:
Auszüge „Regenhymne“ aus: Badr Shakir As-Sayyab „Die Regenhymne und andere Gedichte“, aus dem Arabischen von Khalid Al-Maaly und Stefan Weidner. 3. Aufl. 2017, Verlag Hans Schiler, (c) Schiler & Mücke GbR 2021.
Der Auszug aus „Zwei Frauen“ von Adel Karasholi mit freundlicher Genehmigung des Autoren.
Auszüge „Der Würfelspieler“ aus: Mahmoud Darwish „Der Würfelspieler“, übersetzt von Adel Karasholi, 1. Auflage 2009, A1 Verlag, München mit freundlicher Genehmigung von Adel Karasholi.
„Wie eine elende Bar ist die Liebe“ aus: Ilma Rakusa/Mohammed Bennis (Hrsg.)
„Die Minze erblüht in der Minze“, übersetzt von Mustafa Al-Slaiman, 1. Auflage 2007, Carl Hanser Verlag München